Also, ich habe „Ich gebe dir die Sonne” schon vor einer ganzen Weile gelesen, und wollte es schon seit einer ganzen Weile mehr lesen, bevor ich es gelesen habe. Logischerweise heißt das, dass ich diese Rezension auch schon seit einer ganzen Weile schreiben wollte. Aber jetzt endlich.
Cool, also.
Bibliographische Daten
Interessieren irgendjemanden Bibliographische Daten?
- Originaltitel: I’ll give you the sun
- Verlag: cbt
- Seitenzahl: 477
- Erscheinungsdatum en: 2014
- Erscheinungsdatum de: 2018
Inhalt
Am Anfang sind Jude und ihr Zwillingsbruder Noah unzertrennlich. Noah malt ununterbrochen und verliebt sich Hals über Kopf in den neuen, faszinierenden Jungen von nebenan, während Draufgängerin Jude knallroten Lippenstift entdeckt, in ihrer Freizeit Kopfsprünge von den Klippen macht und für zwei redet. Ein paar Jahre später sprechen die Zwillinge kaum ein Wort miteinander. Etwas ist passiert, das die beiden auf unterschiedliche Art verändert und ihre Welt zerstört hat. Doch dann trifft Jude einen wilden, unwiderstehlichen Jungen und einen geheimnisvollen, charismatischen Künstler …
Klingt dramatisch, ist dramatisch. Aber gut dramatisch. Die Geschichte wird aus beiden Perspektiven erzählt, aus Noahs und Judes. Die beiden Perspektiven sind dabei auch zwei verschiedene Zeitstränge. Noahs Perspektive spielt vor dem Etwas, das die beiden auseinandergebracht hat, Judes danach. Je weiter man liest, desto mehr nähert man sich dem Warum, von beiden Seiten quasi.

Noah ist fantastisch. Ich liebe Noah. Er sieht Menschen und Dinge, aber eigentlich denkt er sie. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das Sinn ergibt. Der Text wird zum Beispiel immer wieder unterbrochen, durch Kursivklammern, in denen dann steht (Portrait/Selbstportrait: Das, was Noah sich in dieser Situation vorstellt, wie er es sich vorstellt). Er malt also in seinem Kopf. Das ist die beste Textunterbrechung, die ich jemals gelesen habe. Ich war so kurz davor, Textunterbrechungen zu lieben.
Jude ist total abergläubisch, also, wirklich, ins Extreme. Was sie zu einem superinteressanten Charakter macht, und auch ihre Perspektive hat Textunterbrechungen, aber statt Zeichungen sind es Auszüge aus den Aberglaubeweisheiten ihrer Großmutter. Was okay war. Es hat seinen Zweck erfüllt. Nur manchmal war ich von Jude genervt. Einfach, weil ihr Aberglaube sich manchmal ins Stereotypisieren von Dingen ausgedehnt hat. Wo ich mir dachte, och, Jude. Insgesamt mochte ich Noahs Perspektive auch ein bisschen lieber als Judes, und Noah insgesamt. Noah ist einfach toll.
Die Kapitel sind ziemlich lang, was nicht schlecht ist, und was immer sehr gut war, wenn es eins von Noahs Kapiteln war. Bei Jude hat es sich gedehnter angefühlt.
Was mir beim Schreibstil aufgefallen ist, der fast so fantastisch wie Noah war, ist, dass Menschen öfters mit Objekten verglichen beziehungsweise vermetapherisiert werden, und dass das richtig gut passt. Es gibt den Dingen einfach mehr Raum, um Sinn zu ergeben. Das ganze Buch in seiner ganzen Abstraktivität ergibt einfach Sinn. Noah und Jude denken und denken und denken und reden ab einem bestimmten Punkt eben nicht mehr miteinander, weil sie zu sehr in ihren Gedanken feststecken, als dass sie sie ausdrücken könnten, und ich glaube, die meisten Menschen wissen, wie das ist.
Also, cool. Fazit, lest „Ich gebe dir die Sonne”. Am besten an einem coolen Ort.
Falls es gerade Sonntag ist, schönen Sonntag, und falls nicht, dann nicht.