Menschen, ich habe Grand Hotel Europa von Ilja Leonard Pfeijffer gelesen. Ich wurde von Piper gefragt, ob ich bei der Vorablesung mitmachen möchte, also an dieser Stelle: Danke für das Rezensionsexemplar. Und tadaa, ich habe eine Menge dazu zu sagen.
Inhalt
Ein junger Page, Abdul, empfängt den Schriftsteller auf den Marmorstufen des Eingangsportals, über dem in goldenen Lettern der Name „Grand Hotel Europa” zu lesen ist. Sie rauchen eine erste Zigarette und kommen miteinander ins Gespräch. Der Schriftsteller spricht von Venedig und von Clio, seiner großen Liebe, die ihn verlassen hat. Nun ist er hier, bezieht sein Zimmer in diesem geheimnisvollen Hotel, und während er die eleganten Gäste kennenlernt, fragt er sich, wie er Clio zurückgewinnen kann.
Okay. Also.
Um schon mal richtig schön die Spannung rauszunehmen: Ich fand das Buch ziemlich schrecklich. Aber erst ab ungefähr einem Fünftel. Davor ging’s noch.
Es geht um den Autor selber, Ilja Leonard Pfeijffer, der erzählt, wie er im Grand Hotel Europa ankommt, dort die Leute kennenlernt und nebenbei aufschreibt, wie er seine große Liebe Clio kennengelernt und wieder verloren hat, um seine Erlebnisse zu verarbeiten.
Das mochte ich. Also, den Aufschreibeteil. Kann ich nämlich sehr gut verstehen, und es war auch gut gemacht, dass man dadurch eben die Geschichte mit Clio erfährt. Nebenbei lernt er die Leute im Hotel kennen, erfährt ihre Geschichten, und reflektiert sehr philosphisch über Europa und wer wir als Europäer sind.
Außerdem dreht sich sehr viel um die Eigenschaft, in der Vergangenheit zu leben statt in der Zukunft, und was das bedeutet, für den Autor persönlich und für Europa.
Das Buch ist ziemlich vollgepackt mit Dialogen, in denen Leute aus dem Nichts anfangen, große politische Reden zu schwingen. Das kann man mögen oder nicht. Manchmal fand ich sie interessant, manchmal zu lang, und manchmal zu gezwungen.
Um beim Anfang des Buchs anzufangen: den fand ich richtig gut.
Die Ankunft im Hotel, wie das Hotel beschrieben wird, die Leute dort, wie der Autor anfängt zu schreiben… ich habe manchmal richtige Euphorieausbrüche bekommen, weil ich das alles so ästhetisch fand. So nach dem Motto: Ein Buch über einen Schriftsteller, der schreibt, give it to me! (Steht echt im Buch, ups.)

(An dieser Stelle: Es tut mir wirklich leid, wenn ich im Folgenden irgendetwas spoilere. Aber ich denke, die Textstellen, auf die ich mich beziehe, können nicht wirklich als Spoiler bezeichnet werden, außerdem gibt es in dem Buch nicht so wahnsinnig viel, was man nicht schon von Anfang an weiß.)
Auf Seite 36, 37 fängt dann die Geschichte mit Clio an, und da gab es schon einen Satz, bei dem ich gestutzt habe: „Die Schönheit dieser Frau war so unbestreitbar, dass der Gedanke, sie besitzen zu können […]”
Diese Idee bzw. Formulierung, dass man Menschen besitzt, wenn man mit ihnen zusammen ist, ist mir übrigens auch in anderen Büchern schon hin und wieder aufgefallen. Kritisch, dachte ich mir, aber okay, mal schauen.
Später gibt es dann eine Passage, in dem der Autor über Touristen redet. Darum dreht sich sogar ein sehr großer Teil des Buchs. Er findet Touristen ganz furchtbar und so weiter, obwohl er selbst einer ist, deswegen versucht er selber um jeden Preis zu wirken wie ein Einheimischer. So.
Ab da wird es problematisch.
In dieser einen Passage erklärt er nämlich, dass er Touristen in verschiedene Kategorien einteilt. Eine dieser Kategorien nennt sich „Koch-Homos”. Das sind laut Autor die Touristen, die sich überall wohl fühlen und sich über alle möglichen Dinge begeistern, die zu Hause eine Designerküche haben und im Urlaub eine Pastamaschine kaufen.
Ich weiß wirklich nicht, inwiefern diese Beschreibung auf den Begriff „Koch-Homos” passt. Und inwiefern sie überhaupt nötig ist. Und inwiefern es nötig ist, das Wort „Koch-Homos” in einem so abfälligen Zusammenhang zu verwenden. Abfällig ist die Beschreibung nämlich.
Wäre diese Textpassage nicht gewesen, hätte ich das Buch vermutlich noch offen und möglichst interessiert weitergelesen. Aber das hat so einen bitteren Geschmack bei mir hinterlassen. Vor allem, weil es sich in Grand Hotel Europa nicht um einen Charakter handelt. Es ist der Autor persönlich, der über sich selber schreibt und über seine Ansichten.

Also, das Buch geht weiter, und es wird einfach nicht mehr besser.
Ich fand es ab der Hälfte vor allem ziemlich öde. Stellenweise klischeehaft, stellenweise beleidigend. Und jetzt kann ich vor allem eins sagen, und zwar, dass ich den Autor, wenn er sich in seinem Buch so dargestellt hat, wie er wirklich ist, überhaupt nicht mag. Wenn gerade niemand eine politisch-philosophische Rede schwingt, sind seine Gedanken ziemlich herablassend gegenüber anderen. Teilweise ist er sich seiner unsympathischen Denkweise auch bewusst, nimmt sie hin und nichts ändert sich. Außerdem erwähnt er gefühlt tausendmal sein ach-so-berühmtes Buch „Das schönste Mädchen von Genua” und seine schriftstellerischen Tätigkeiten und dass er ja ein Buch über Tourismus schreiben wollte, aber tja, jetzt ist wohl das hier dabei rausgekommen, und bla bla bla.
Dann kam das Ende, das sehr pathetisch (wegen des Autors) und ein bisschen gut war (wegen der Symbolik (Die Symbolik hat mir sehr gut gefallen)). Dann war das Buch zu Ende und ich konnte mich anderen Dingen zuwenden.
Falls irgendjemand eine Idee hat, wie man am Besten ein Buch los wird, in dem lauter Notizen drinstehen, die jedem, der das Buch lesen und es mögen will, keinen Gefallen bereiten werden, dann bin ich übrigens sehr offen dafür.
2 Comments
Mojito
Was will er nur mit den Kommentaren sagen, die schon reingedruckt sind… soll das der (geneigten) Leser(in) eigene Gedanken nahelegen?
Seltsam…
Schöne, differenzierte Beschreibung! 🙂
Mare
Haha, wer weiß…
Danke!