Guten Tag oder Abend, je nachdem. Wir müssen über meine zunehmende, absolut rational-irrationale Angst bezüglich der Sprachen, in denen ich Bücher lese, und der Konsequenzen reden.
Vielleicht habt ihr es schon mitbekommen, vielleicht auch nicht: Corona hat mein Bücherkonsumverhalten dazu veranlasst, ziemlich auszuarten, sodass es inzwischen völlig maßlos und unkontrollierbar ist. Es ist schön und schrecklich gleichzeitig. Ich kann nichts dagegen tun.
Außerdem habe ich an die hundert Bücher aussortiert, ungefähr genauso viele, wie ich dieses Jahr neu gekauft habe, oh je, ja, ich weiß, und meine Bücherschränke neu sortiert.
Nein, nicht nach Farbe. Unpraktischer geht es nicht.
Sehr hübsch sind meine Bücherschränke trotzdem.
(Wenn ich Bücherschränke sage, meine ich meinen Bücherschrank und zwei kleinere Wandregalteile.) Ich schaue meine Bücherschränke sehr gerne an. Bücher anzuschauen ist eine Tätigkeit, die mich glücklich macht, genau so wie Bücher lesen und Bücher kaufen.
Ich habe also irgendwann in den letzten Tagen oder Wochen meine Bücherschränke angestarrt und dabei bemerkt, dass der Anteil englischer Bücher konstant zunimmt. Zufällig hatte ich zu dem Zeitpunkt gerade eine E‑Bay Bestellung abgeschlossen (Kauft Bücher nicht von Amazon, Kinder), die, glaube ich, nur aus englischen Büchern bestand. Was eigentlich auch egal ist, weil ich aktuell generell einfach mehr englische als deutsche (oder auch französische, aber die waren schon immer in der Unterzahl) Bücher kaufe. Außerdem habe ich seitenlange Listen von Büchern, die sich mir irgendwann aufgedrängt haben und in diesem kurzen Leben auch noch gelesen werden müssen. Ich weiß also auch ohne Wahrscheinlichkeitsrechnung, in welche sprachliche Richtung sich meine Mini-Bibliothek (so groß ist sie wirklich nicht) gerade entwickelt.

Der Grund dafür ist ziemlich einfach:
Ich finde den deutschen Büchermarkt zurzeit, oder eigentlich schon immer, sehr enttäuschend. Was Bücher angeht, und es tut mir eigentlich sehr leid, das zu sagen, sind die Amis viel cooler. Und ich lese Bücher am liebsten in ihrer Originalsprache.
Ich finde einfach, und korrigiert mich, wenn ich hier falsch liege, dass die Themenauswahl und generell einfach die Vielfalt an Büchern in ihrem jeweiligen Genre bei englischen Büchern viel, viel breiter ist.
Liegt aber vielleicht einfach daran, dass ich Goodreads benutze, dachte ich, und habe mich auf LovelyBooks angemeldet. Dort bin ich dann drei verschiedene Bücherlisten mit etwa hundert Büchern durchgegangen und habe festgestellt, dass es keine Hoffnung für mich gibt.
Ich habe das Gefühl, dass jedes zweite Buch, das ich finde, irgendwie politisch ist (und so schön das auch ist, ich will nicht für den Rest meines Lebens über die DDR lesen), und der Rest Sebastian Fitzek. Und die politischen Bücher (also alle, die nicht Sebastian Fitzek und nicht Jugendbücher sind (das mit den Jugendbüchern ist auch hoffnungslos)), haben alle irgendwie nicht so viel im Klappentext drinstehen, dafür aber darunter; da schreibt dann immer irgendwer sowas wie:
Feinfühlig, einfühlsam, rührend, unglaublich, fantastisch und sprachlich absolut hochbegabt zeichnet Autor X das Portrait von Y und zeigt uns, was es bedeutet, zu leben.
Danke, nein.
Außerdem, und das ist eine unbestreitbare Tatsache, sind die englischen Cover hübscher.
Jedenfalls, eigentlich gibt es auch gar kein Problem.
Englische Bücher sind cooler.
Fantastisch. Aber eigentlich ist das schon ein Problem, denn jetzt kommen wir zu meiner zunehmenden absolut rational-irrationalen Angst: Ich schreibe ja Geschichten und das ganze Zeug auf Deutsch. Wenn ich jetzt überwiegend Englisch lese, bedeutet das dann, dass meine Fähigkeit, auf Deutsch (und zwar akzeptabel) zu schreiben, mit der Zeit graduell abnehmen wird, weil ich einfach keine literarischen Umwelteinflüsse auf Deutsch mehr habe?
Um einigermaßen okay fiktiv schreiben zu können, muss man auch lesen, Punkt. Und wenn ich jetzt hauptsächlich englische Bücher lese, zählt das dann auch, oder nur halb, oder werde ich irgendwann voller Horror feststellen, dass das, was ich neuerdings produziere, ganz, ganz schlimm ist?
Liebe Menschen, jetzt wisst ihr, worüber ich die letzten Tage nachgedacht habe. Und es wäre ganz fantastisch, wenn irgendjemand von euch eine Antwort darauf weiß. Oder Buchempfehlungen von deutschen Autoren hat.
Ja, ja und ja! Ich lese nur noch Englisch. Schon seit Ewigkeiten. Ich glaube ich habe in den letzt 5 Jahren vielleicht 3 oder 4 deutsche Bücher gelesen. Ich hab sogar aus Versehen die Rubinrot-Reihe auf Englisch gelesen und erst beim Film festgestellt, dass das eeeeigentlich von einer deutschen Autorin ist — oops.
Du hast einfach vollkommen Recht: Englische Bücher = mehr Auswahl, spannendere Themen, mehr Wortwitz, weniger augelutschte Floskeln und auf jeden Fall und mit 1000%: tollere Cover!
Was das Schreiben angeht: ich glaube sooo schnell verlernt man das nicht, ABER: Englisch klingt in vielen Fällen einfach „besser” (das ist aber nur meine ganz eigene Meinung) und ich stelle immer wieder fest, dass ich wüsste, wie ich etwas in Englisch schreiben würde und eine deutsche Entsprechung dafür suche, die es einfach nicht gibt.
Leider hab ich darum auch keine schönen Bücherempfehlungen von deutschen Autoren für dich. Falls du was findest, lass es mich wissen 😀
Ganz viele Grüße
Caro
Also das mit der Rubinrot-Reihe ist schon eine Leistung xD (und das ist, finde ich, auch eine der wenigen Bücherreihen, die auf Deutsch tatsächlich hübscher aussehen.) Das nervt mich eigentlich richtig, dass die englischsprachige Buchwelt so cool ist, weil ich würde total gerne viel mehr deutsche Bücher lesen, aber die die einzigen zwei originalsprachigen, die ich dieses Jahr gelesen hab, waren irgendwie totale Flops. Hab aber noch ein paar vor mir, also mal schauen. Ich geb dir aber total recht, viele Wörter klingen auf Englisch einfach super (außer Telefon, das ist fantastisch auf Deutsch).
Ganz viele Grüße zurück ! 🙂